"Körperwelten - Das Original"

Gunther von Hagens Buch zur Ausstellung



KörperweltenDie Breitenwirkung von KÖRPERWELTEN ist bemerkenswert: Knapp 40 Millionen Besucher in über 20 Ländern waren bisher in der Ausstellung. Damit gehört KÖRPERWELTEN zu den bestbesuchten Ausstellungen der Welt. Sicherlich beruht diese hohe Resonanz auf der Echtheit der Präparate. Doch tragen reine Neugierde und gemischte Gefühle wie Angstlust ebenfalls zu dem großen Erfolg bei. Die Ausstellung bewegt sich im Zwielicht von Leben und Tod, das seit jeher auf die Menschen eine ungeheure Faszination ausübt. Die Ausstellungsmacher haben sich diese Faszinationskraft der Anatomie zunutze gemacht. Anatomie ist der Versuch, das Dunkel des Lebens mit dem Licht des Todes zu erhellen. Obwohl in der Ausstellung viele einzelne Organe zu bestaunen sind, stechen sofort die Ganzkörperplastinate ins Auge. Hier werden ganze Körper in verlebendigter Pose präsentiert.

Diese Exponate sind gleichsam Staunen erregende Schauobjekte wie technisch brillante Lehrpräparate. Sie bieten dem Besucher nicht nur anatomische Informationen, sondern zeigen auch symbolische Expressionen. Darüber hinaus stellen sie Aufsehen erregende Attraktionen dar. KÖRPERWELTEN ist ein Kulturevent, das anregende Erlebnisse verspricht. Trotzdem verspüren einige Besucher vor Betreten der Ausstellung ein banges Unbehagen, ja manchmal sogar eine gewisse Scheu. Sie sind unsicher darüber, was sie drinnen erwartet, aber neugierig genug, nicht draußen zu bleiben. Doch die ästhetische und ansprechende Präsentation der Plastinate zerstreut für gewöhnlich all diese Ängste. In der Ausstellung geht es auffällig ruhig, ernst und diszipliniert zu. Das ist bemerkenswert und für die heutige Zeit eher unüblich.

Dennoch ist dieses Verhalten der Besucher nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Ausstellung dem Einzelnen einen außergewöhnlichen Blick auf sein Leben eröffnet. Hier schaut man in einen fremden Körper und entdeckt darin den eigenen auf neue Weise. Es kommt zu einer Selbstbetrachtung ohne Spiegel. So gesehen rühren der Ernst und die Stille in der Ausstellung nicht daher, dass die Besucher vor Schreck erstarrt sind, weil sie etwas Schauriges zu sehen bekommen, wie einige vielleicht im Vorfeld vermuteten. Die große Nachdenklichkeit in der Ausstellung kommt vielmehr daher, dass die Selbsterkenntnis den Betrachter gänzlich gefangen nimmt. Die Ausstellung möchte ein Ort anatomischer Aufklärung sein, die ehrfürchtige Besinnung der Besucher verwandelt sie zudem in eine sakrale Stätte mit besonderer Aura.

Ich finde es normal, in diese Ausstellung zu gehen, weil ich es normal finde, ein Interesse an dem Körper zu haben, der mein Leben trägt. Ein Teil der Kultur dieses Interesses ist die Anatomie, die kein Vorbehaltsgut medizinischer Experten mehr darstellt. Die Ausstellung schenkt Einblicke in die Innenseite des Körpers und liefert hierbei Erkenntnisse über dessen Aufbau und die Funktionen der Organe. Wie weit die Ausstellung die Menschen hierbei tatsächlich aufklärt, hängt mit vom Stand des Vorwissens und vom Grad des Interesses der Besucher ab. Zugegebenermaßen wollen viele einfach nur die innere Gestalt des Körpers authentisch in Augenschein nehmen dürfen.

Auch ein solches Anliegen ist berechtigt. Die Tatsache, dass es echte Körper sind, die man hier zu sehen bekommt, erhöht den Erlebniswert, vergrößert dessen Intensität und macht die Ausstellung überaus glaubwürdig. Sie bringt den Einzelnen sich selbst besonders nahe. Indem aber die Ausstellung das Leben, das zum Tode führt, am Toten zeigt, gemahnt sie den Einzelnen zugleich, auch an die eigene Sterblichkeit zu denken.

Nur schärft sie den Sinn für die eigene Vergänglichkeit nicht, damit man sich vom irdischen Leben abwendet, sondern vielmehr, um sich ihm gesundheitsbewusster zuzuwenden. Auf diese Weise wirbt die Ausstellung gleichfalls für eine neue Körperkultur, ohne in einen Körperkult zu verfallen. KÖRPERWELTEN muss vor dem Hintergrund des wachsenden Körperbewusstseins unserer Zeit gesehen werden. Heute tritt immer öfter die „Arbeit am Körper" an die Stelle der „Arbeit mit dem Körper“. Je entlasteter der Körper vom Überlebenskampf wird, umso größer wird die Sorge um ihn als Träger und Inbegriff des Lebens. Eine Folge hiervon ist ein erhöhtes Gesundheitsbewusstsein.

Gesundheit ist ein labiler Zustand, der sich schnell verschlechtern kann. Dauer steht hier nicht zu erwarten. Sie bleibt eher unwahrscheinlich, und im Alter ist sie ein Glücksfall. Gesundheit gilt in der modernen Gesellschaft als ein hoher Wert. Jedoch wird sie mittlerweile nicht mehr nur als göttliches Geschenk oder natürliche Gabe, sondern auch als Ergebnis eigener Lebensführung - gewissermaßen als eine Lebensaufgabe gesehen. Zur Erlangung dieses hohen Guts werden große Anstrengungen unternommen, weil man nicht bloß gesund sein, sondern sich genauso auch fühlen möchte.

Die Ausstellung konfrontiert den Einzelnen mit Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod, mit der Stärke und Schwäche, Besonderheit und Verletzlichkeit seines Körpers. Sie informiert nicht nur den Besucher über seine innere körperliche Gestalt, sondern inspiriert ihn auch zu einer gesünderen und bewussten Lebensweise. Hierbei macht KÖRPERWELTEN sowohl das Elend als auch die Größe des menschlichen Daseins sichtbar. Die Ausstellung zeigt die verwundbaren Bedingungen unseres Lebens, die zugleich höchste Achtung und Bewunderung hervorrufen, wenn man sich nur die feine Organisation und Komplexität des Körpers vor Augen führt.

Bei alledem schreibt die Ausstellung den Besuchern kein bestimmtes Menschenbild vor. Darum können auch Besucher mit ganz unterschiedlichem kulturellen Hintergrund und religiösen Bekenntnissen oder weltanschaulichen Standpunkten die Ausstellung würdigen. Dies ist deshalb möglich, weil die Ausstellung weltanschaulich neutral bleibt. Erst hierdurch ist sie deutungsoffen für ganz verschiedene Menschenbilder religiöser und philosophischer Art, die vom persönlichen Standpunkt des jeweiligen Betrachters abhängen.

So betrachtet geht es der Ausstellung nicht allein um anatomische Wissensvermittlung. Sie möchte auch einen Beitrag zur Intensivierung des bewussten Lebens leisten, den Sinn für die eigene Gesundheit stärken, die Grenzen und Möglichkeiten des Körpers aufzeigen und zur Beschäftigung mit der Frage nach der Bedeutung des Menschen anregen. Hierzu liefert KÖRPERWELTEN gleichermaßen sachliche Informationen wie auch völlig ungewohnte sinnliche Eindrücke, die den Besucher gefühlsmäßig berühren und nachdenklich werden lassen. Die Ausstellung ist ein Raum für vielfältige Emotionen und Diskussionen.

Erhältlich beim Verlag:


Arts & Sciences, Ehibition and Publishing, Heidelberg
ISBN978-3-937256-27-6

Weitere Infos unter: www.koerperwelten.de


Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch EPS-Schäffler / Jürgen Steinbach

Textzusammenstellung: © Ermasch - Presse - Service, Schäffler, Jürgen Steinbach
Fotos: Marcel Schäffler, © Gunther von Hagens, Institut für Plastination, Heidelberg
Text und Fotos : Quelle - Art & Sciences Exhibitions and Publishing in Heidelberg

Rückfragen bitte an eps-schaeffler(at)gmx.de

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Layout und Gestaltung: Schefisch 12.12.2014