Bulgarien eine historische Schatzkammer

Für Auge und Geist

 

 

Spricht man von Bulgarien, denken die meisten an den Goldstrand und das Meer. Doch damit tut man diesem Land unrecht. Es hat weit mehr zu bieten als lange Sandstrände entlang der Schwarzmeerküste.


Bulgarien befindet sich in Südosteuropa, im Nordosten der Balkanhalbinsel. Das Landesgebiet liegt zwischen 44°13’ und 41°14’ nördlicher Breite sowie 22°22’ und 28°37’ östlicher Länge. Bulgarien ist ein europäischer-, ein Balkan-, ein Donauanrainer- und ein Schwarzmeeranrainerstaat. Bedingt durch seine geografische Lage liegt das Land am Kreuzweg zwischen Europa, Asien und Afrika.


Das Territorium Bulgariens ist seit dem frühesten Altertum besiedelt, wovon die zahlreichen Siedlungs- und Grabhügel zeugen. Das heutige Landesgebiet ist die Wiege einiger der ältesten Zivilisationen in Europa, was das älteste freigelegte bearbeitete Gold aus der Chalkolithikum-Nekropole bei Varna belegt. Aus der Epoche des altertümlichen Thrakiens haben wir wertvolle Kulturdenkmäler geerbt – Grabmale (Kazanlak, Alexandrovo, Sveshtari u.a.), Schätze (Panagyurishte, Rogozen, Valchi Tran u.a.), Kultstätten und Gotteshäuser (Perperikon, Starosel, Kozi Gramadi, Begliktash u.a.).


Königliche thrakische Grabstätte von Sveshtari

Besonders aktiv ist die gegenseitige kulturelle Beeinflussung von Thrakern und der hellenischen Zivilisation. Im VI.- bis II. Jahrhundert v. Chr. werden in Thrakien, Mösien und an der Schwarzmeerküste zahlreiche Städte gegründet, über die die griechischen Kultur zunehmend an Einfluss gewinnt. Mitte des I. Jahrhunderts gehen alle bulgarischen Gebiete in die Grenzen des Römischen Reiches über. Aus dieser Zeit sind zahlreiche architektonische und archäologische Denkmäler erhalten – das Antike Theater und Römische Stadion in Plovdiv, Überreste der römischen Städte Ulpia Eskus, Nove, Nikopolis ad Istrum, Nikpolis ad Nestrum, Augusta Trayana, Abritus u.a.


Bollwerk der Assendynastie

Früher hielten die dicken Mauern der gewaltigen Festungsanlage oberhalb des Jantra-Flusses feindliche Truppen davon ab, die Region zwischen Balkangebirge und Donauebene zu erobern. Sie waren für die Verteidigung so wichtig, dass Zar Iwan Asen II. die Mauern gegen die Angriffe der Thraker, Makedonier und Tataren mehrfach verstärkte. Die strategische Lage der Felsenfestung auf dem Zaren-Hügel Carevec schützte die Siedler von Veliko Tarnovo und sicherte die Macht der Assendynastie. Ihre rigorosen Herrscher waren nicht zimperlich und stürzten Widersacher und Verräter kurzerhand vom Hinrichtungsfelsen an der Nordspitze in die Schlucht. Unter Iwans Herrschaft stieg Veliko Tarnovo zur stärksten Macht auf dem Balkan auf und genoss eine Zeit der wirtschaftlichen Blüte. Iwans Einfluss reichte von der Schwarzmeerküste im Osten bis zur Ägäis im Süden und Adria im Westen, was durch den Bau zahlreicher Kirchen, Klöster und Paläste noch aufgewertet und gefestigt wurde. Veliko Tarnovo, die ehemalige Hauptstadt Bulgariens, war zugleich das politische und geistliche Zentrum des Zweiten Bulgarischen Reiches (1186-1393). In der Festungsanlage konzentrierte sich die gesamte Staats- und Kirchenverwaltung. Die 6.000 m² große Bastion besaß ein ausgeklügeltes Fortifikationssystem und in ihrem Inneren gab es Handwerker- und Wohnviertel, Schulen, Kapellen und Klöster. Auf dem höchsten Teil des Plateaus standen die repräsentativen Paläste des Zaren und des Patriarchen. Und auf dem benachbarten Hügel Trapesiza vis á vis bewohnten Klerus und Aristokraten prachtvolle Besitztümer.


Die ehemalige Zarenfestung im Glanz der Geschichte

Heute lockt das historische Mauerwerk zahlreiche Touristen an, die sich zu jeder Jahreszeit durch das restaurierte Tor des Balduin-Turms über Ruinen hinauf zur Hügelspitze bemühen, wo einst Zarenpalast und Patriarchenkirche Christi Himmelfahrt Sveti Vaznesenie thronten. In einem gigantischen Licht- und Sound-Spektakel wird an Nationalfeiertagen und auf Wunsch vieler Reiseveranstalter für Touristen die Geschichte Bulgariens symbolisch an die Mauern der Festungsanlage geworfen. Zu sakraler Monumentalmusik erstrahlt die historische Anlage farbenprächtig in Blau, Gelb, Rot, Grün und Weiß. Grelle Blitze durchzucken den pechschwarzen Himmel und verwandeln sich geschickt in Laserstrahlen, die sich wie ein Fächer über die Dächer der Stadt legen, gekrönt von ehrwürdigem Glockengeläut, das alles übertönt. Die Häuser der wunderschön gelegenen Stadt Veliko Tarnovo, die heute unter Denkmalschutz steht, erinnern an Schwalbennester auf felsigen Terrassen und umschließen die Festung wie ein Gürtel. Zwischen den drei Hügelplateaus oberhalb der Jantra-Schleife entstanden neue Wohnbezirke: zuerst kam das Asenenviertel, dann folgten Juden- und das Frankenviertel. Allein im Stadtteil Assen gibt es ein halbes Dutzend sehenswerte Kirchen zu erkunden. Die berühmtesten Bauten in der Altstadt wurden vom Autodidakt Nikola Ficev entworfen, der den neuzeitlichen Baustil der nationalen Wiedergeburt maßgeblich prägte (lt. Wikipedia eine Periode des sozio-ökonomischen Wachstums und der nationalen Einigung des bulgarischen Volkes während der 500-jährigen osmanischen Fremdherrschaft). Nach Ficev‘s Entwürfen wurde auch das Wirtshaus des Hadzi Nikoli gebaut, das heute eine bemerkenswerte Weinbar, ein gemütliches Restaurant und das Ethnografische Museum beherbergt.


Veliko Tarnovo mit historischer Altstadt (©eps)

©Renato Diekmann†

Flucht nach Arbanassi

Nach der Zerstörung Tarnovos durch die Osmanen im Jahr 1393 zog sich die bulgarische Aristokratie ins 4 km entfernte Arbanassi zurück. Geschickt und lautlos nutzten die Flüchtlinge die in Veliko Tarnovo bereits vorhandenen Handels-, Verkehrs- und Kontaktstrukturen und bauten den kleinen Ort zu einem strategischen Knotenpunkt des Handels auf dem Balkan aus. Die stattlichen Herrenhäuser aus dem 16. und 17. Jh. bezeugen eindrucksvoll den ökonomischen Wohlstand der privilegierten Bewohner jener Zeit. Die enorme Bedeutung der klerikalen Strukturen im Mittelalter wird zudem durch die Klöster und Kirchen in Tarnovo und Arbanassi deutlich. Die 320-Seelen-Gemeinde liegt in exklusiver Lage auf einem Plateau des Balkangebirges mit phänomenaler Aussicht auf das Land. Den besten Blick über das Tal bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Berge hat man übrigens vom Hotel Arbanassi-Palast, der ehemaligen Residenz Todor Schiwkows. Der Bauernsohn und gelernte Buchdrucker aus Prawez war vom 4. März 1954 bis zu seinem erzwungenen Rücktritt am 10. November 1989 Staatschef von Bulgarien und erster Sekretär der Bulgarischen Kommunistischen Partei. Das malerische Dorf blieb über die Jahrhunderte der Nachwelt erhalten, gilt als Schmuckstück architektonischer Meisterleistung und zählt inzwischen zum Weltkulturerbe der UNESCO. Sehenswert sind das Dragostinov-, Konstantzaliev- und Hadjiilev-Haus sowie die sieben christlich-orthodoxen Kirchen. Besonders eindrucksvoll ist die Metropolitenkirche Geburt Christi aus dem 17. Jh. – ein niedriges, halb in der Erde versenktes unscheinbares Gebäude aus Stein, dessen Innenwände und Decken mit bemerkenswert schöner Fresken- und Ikonen-Malerei reich verziert sind. Und wer in den mit Gold und Silber geschmückten Gotteshäusern einmal andächtig die stimmgewaltigen Choräle der orthodoxen Freizeitmönche vernommen hat, versteht, dass der Ort ein wahres Zentrum der Christen gewesen sein muss; seinerzeit gut geschützt vor den osmanischen Besatzern in Veliko Tarnovo.


Orthodoxe Kirche in Arbanassi (16. Jhdt.) (eps)

Lammfellmütze, Shopskasalat und Zimmersonne

Freilichtmuseum Etara ©Renato Diekmann†

©Renato Diekmann†Vielleicht hätte Christo seine Freude daran gehabt, jedes einzelne Gebäude von Etara in weiße, grüne oder rote Tücher zu hüllen. Das originellste Freilichtmuseum Bulgariens liegt in der Nähe von Gabrovo, dem Geburtsort des weltbekannten Verhüllungskünstlers. Etara pflegt alte Bräuche und zeigt seinen Besuchern traditionelle Handwerkskunst, wie sie in der Zeit der nationalen Wiedergeburt in dieser Gegend vorherrschend war. Ob in der Bäckerei, der Instrumentenwerkstatt, der Gold- und Silberschmiede, der Kürschnerei, der Messerschmiede, der Walkmühle oder der Litzenweberei – nirgendwo sonst wird das bulgarische Handwerk so lebendig zelebriert wie in diesem Museumsdorf im Schutze eines kleinen Seitentals. Wer schon mal hier ist, kann bei gutem Wetter hinauf zum Sokolski Kloster „Maria Himmelfahrt“ steigen. Das Nonnenkloster, in dem Haijduken (bulgarische Freiheitskämpfer) einst Zuflucht gegen die Osmanen fanden, liegt versteckt auf einem Felsen mit Blick über das Tal des Jantra-Flusses und bietet Touristen bescheidene Unterkünfte in schlicht eingerichteten Klosterzellen. So richtig historisch geht es in dem idyllischen Balkandorf Bozhentsi zu, das ebenfalls zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Rechts und links der kopfsteingepflasterten Gassen stehen uralte Häuser aus Holz oder grobem Gestein. Auf dem Dorfplatz mit Brunnen, Kaufmannsladen, Schänke und Weinstube scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Für Unterkunft, Speis und Trank empfiehlt sich die Mexaha – eine original bulgarische Taverne, in der traditionell bulgarischer Joghurt, klassischer Shopskasalat und eine köstliche Bohnensuppe nach Art des Hauses serviert werden. Und was bei einem Wettstreit herauskommen kann, lässt sich in der quirligen Handelsstadt Trjavna im Daskolov-Haus besichtigen. Dort traten zwei Meister der Holzschnitzkunst gegeneinander an, um die schönste Zimmerdecke zu fertigen. Das Ergebnis ist verblüffend und bezaubernd zugleich: Nun hat das Haus zwei wunderschöne holzgeschnitzte Decken mit jeweils einer Sonne in der Mitte. In der verkehrsberuhigten Altstadt gibt es zudem weitere liebevoll restaurierte Häuser zu besichtigen, vor allem rund um den Kapitan Djado Nikola-Platz mit seinem Uhrturm, dem alten Schulgebäude und der schmucken Kirche Sveti Archangel-Michail.

Souvenirladen in Trjavna

Sofia – die weise Stadt des Balkans

Das Herz Bulgariens erreicht man am besten über die Hauptstadt Sofia. Neben belebten Shoppingmeilen, etwa der Bulevar Vitosa im Zentrum der Stadt, ist Sofia, die Weise, vor allem eine Kulturmetropole mit einer bewegten Geschichte, die sich auch in zahlreichen Namensänderungen niederschlug. Fast jedem Reiseführer ist zu entnehmen, dass Konstantin der Große „Serdica“ (wie Sofia einmal hieß) als sein Rom bezeichnete! Das war im 4. Jh. und galt der Siedlung, die seinerzeit das Zentrum der römischen Provinz Thrakien bildete. Die Rotunde von St. Georgi, ein rotes rundes Backsteingebäude, zeugt davon. Es ist das älteste Gebäude der Stadt, wurde auf den Ruinen einer römischen Thermenanlage erbaut, steht in einem weitläufigen Innenhof, umgeben von Präsidentenpalast und Luxushotel. Abgesehen von dem tristen Grau der Vorstadt und den stalinistischen Protzbauten gibt es eine Reihe historischer Bauwerke, die bedeutende Museen, repräsentative Galerien und renommierte Theater und Konzertsäle beherbergen. Neben all den zahlreichen Sehenswürdigkeiten dominiert das imposante Wahrzeichen der Stadt:


Aleksander-Newski-Kathedrale

Sitz des Patriarchats der bulgarisch-orthodoxen Kirche. Der monumentale Kuppelbau im neobyzantinischen Stil ist jünger als man vermuten möchte. Die fünf Kirchenschiffe und fünf blattgoldverzierten Kuppeln entstanden nämlich erst zwischen 1904 und 1913 nach den Entwürfen des Petersburger Architekten Pomerancev, der durch das Moskowiter Kaufhaus GUM bekannt geworden ist. Getrennt durch einen kleinen Park, in dem Künstler ihre Ikonen-Gemälde ausstellen, steht die Russische Kirche Heiliger St. Nikolai. Zwischen Birkenlaub und Kaukasischem Flügelnussbaum ragen die goldenen Zwiebeltürmchen in den blauen Himmel. Das weißgetünchte Gotteshaus wurde auf Wunsch eines russischen Diplomaten erbaut, der in keiner bulgarischen Kirche zur Messe gehen wollte. Eindrucksvoll ist auch das Nationaltheater Iwan Wasow. Der neoklassizistische Bau trägt die Handschrift der Wiener Architekten Helmer & Fellner. Sie haben auch das Kroatische Nationaltheater in Zagreb, das Berliner Theater Unter den Linden und das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg entworfen.

Russische Kirche Heiliger St. Nikolai




Nationalmuseum in Sofia (eps)


Internet: www.bulgariatravel.org


Ein weiterer Beitrag zum Thema Käseherstellung, Milchverarbeitungsindustrie in Bulgarien, finden Sie auf www.Urlaubsspass.de/ Wirtschaft & Technik





Zur Erinnerung an meinen Freund und Kollegen Renato Diekmann†


Impressionen aus Bulgarien
Fotoarchiv - ©Ermasch-Presse-Service –R.Schäffler
Ankauf der Fotos /Nutzungsrechte möglich. Anforderung bitte per E-Mail:eps-schaeffler@gmx.de

Sofia





Melnik kleinste Stadt in Bulgarien - Weinanbaugebiet


Kirche: St. Anthony in Melnik




Das Kloster Rila

, auch Rila-Kloster ist ein Kloster im gleichnamigen Gebirge im südwestlichen Bulgarien. Der offizielle kirchliche Name des Klosters ist Kloster des Heiligen Iwan Rilski.





Assens Fortress - Festung Assens bei Asenovgrad





Rozhen Kloster in Petritsch Bezirk Melnik




Kuklen-Kloster / Plovdiv
Zusehen sind: historische Bauten in Plovdiv, Arena von Plovdiv, historische Bauten in Plovdiv, Zigeunerhochzeit, Folkloristischer Tanz im Restaurant und Tanz über heiße Kohlen



Kuklen-Kloster / Plovdiv
Zusehen sind: Pferd und Wagen (Noch immer ein übliches Transportmittel), Frau beim Sammeln von Holz, Teppichwaschen auf bulgarische Art

Grabstätte und Wohnanlage der Prophetin Vonga

– heutiges Museum








Für Sie entdeckt und zusammengestellt durch ©EPS-Schäffler / Renate Schäffler

Text: © Ermasch - Presse - Service, Renate Schäffler, Renato Diekmann†
Fotos: © EPS-Schäffler, Marcel Schäffler, Renato Diekmann†(2), Neon-Foto-Avantgarde.de/Marcel Schäffler (3)


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